FMC Facility Management Consulting GmbH

Einheitliches FM-Verständnis

Im Dezember 2011 sind nach der Grundlagennorm DIN EN 15221-1 und der DIN EN 15221-2, die sich mit Vereinbarungen im Facility Management befasst, vier weitere Teile der europäischen Normenreihe DIN EN 15221 „Facility Management“ erschienen. Im Laufe des Jahres wird ein siebter Teil zum Thema Leistungs-Benchmarking die Normenreihe vorerst vervollständigen. Damit hat das europäische Normungskomitee seinen Teil dazu beigetragen, ein einheitliches Verständnis von Facility Management in Europa zu schaffen.

Unterhält man sich mit Fachleuten zu einem willkürlichen Thema, so werden meist von den anerkannten Unsympathen die entsprechend geltenden Normen zur Untermauerung der Argumente angeführt. Bar jeden Gegenarguments stehen dann die anderen Fachleute wie Lämmer da und ringen mit ihrer neu begriffenen Bedeutungslosigkeit. Dabei prägt die Normungsarbeit die Arbeitswelten wie kein anderes Tätigkeitsfeld, denn dass Sie diese Zeilen lesen können, basiert auf der Einheitlichkeit von Schriftzeichen und Sprache. Was will also Normung bewirken?

Wesentliche Treiber der Normungstätigkeit sind:

  • Einfache und eindeutige Verwendung von Begriffen und Inhalten
  • Gleiches Verständnis der Beteiligten über Produkte, Leistungen und Eigenschaften
  • Hoher Wiedererkennungswert und einfache Einordnung der Inhalte
  • Geringerer Aufwand für Klärungen und Festlegungen
  • Orientierung der Forschung und Lehre anhand von anerkannten Begriffen

Damit spiegelt der Stand der Normung auch den Reifegrad von Branchen wider.

 

Die Anfänge

Im November 2002 trafen sich in Amsterdam erstmals 45 Experten aus 12 europäischen Ländern, um sich in dieser Hinsicht mit Facility Management zu befassen. Dabei wurde der Beschluss gefasst:

Das Verständnis über Facility Management in Europa soll genormt werden. Das Normungskomitee CEN TC 348 „Facility Management“ war geboren. Die ersten beiden Arbeitsgruppen bekamen nach der offiziellen Konstituierung 2003 in Wien den Auftrag, zwei Normen zu erstellen: die Norm über Begriffe und Definitionen sowie die Norm zur Erstellung von Vereinbarungen im Facility Management. Im Januar 2007 sind diese beiden Normen mit den Nummern 15221-1 und 15221-2 erschienen.

Welchen Nutzen haben diese Normen? Zum einen verkürzen diese Normen ganz deutlich die Zeit auf Kongressen und Seminaren, die früher für das Erklären des Verständnisses von Facility Management durch die Referenten erforderlich war. Zum anderen richten sich die Hochschulen allmählich nach den Inhalten der Normen aus, sodass es für Vortragende und Studenten immer einfacher wird, ihren Stoff und ihre Inhalte auf ein gleiches Verständnis auszurichten. Naturgemäß verbreiten sich Normen nicht so schnell wie neue Produkte globaler IT-Unternehmen, es scheint heute auch nicht mehr die Zeit zu sein, in der man sich auf Normen beruft. Spätestens jedoch, wenn es zu Diskussionen der sogenannten „Interessierten Kreise“ kommt, welche Interpretation einer Aussage zulässig ist und welche verworfen werden kann, kommen Normen ins Spiel. Normen geben den Stand der Technik wieder, sie haben richtungsweisenden Charakter und wirken als erste und unterste gesetzgebende Ebene unter Fachleuten.

Es wird erfahrungsgemäß noch ein paar Jahre dauern, bis auch der letzte Vorstandsvorsitzende diese Funktion in seiner Organisation abgebildet hat, die Verantwortungen und Aufgaben bündelt und den Nutzen effizienter Abläufe und klarer Verantwortungen nutzen kann. Besonders hartnäckig wird sich die öffentliche Hand – also Bund, Länder, Kommunen und Landkreise – dem neuen Verständnis verweigern. Schließlich haben es in den Amtsstuben die eigenen Verordnungen schon sehr schwer, wie sollen da europäische Normen wahrgenommen werden?

 

Die Grundlagen aus der 15221-1

Nach der Grundlagennorm 15221-1 umfasst Facility Management alle Prozesse zur Unterstützung der Primärprozesse einer Organisation auf der strategischen, taktischen und operativen Ebene (siehe Abb. 1). Damit ist Facility Management mehr als die Ausführung von Services für Gebäude und Anlagen. Facility Management verantwortet den effizienten und effektiven Einsatz der Ressourcen, die aus den Bedarfen der Primärprozesse abgeleitet sind, und bringt diese Bedarfe zur Erfüllung. Die Anpassung dieser Ressourcen an die sich ständig ergebenden Veränderungen der Primärprozesse sowie die Einhaltung der Gesetze und Richtlinien aus der Organisationsverantwortung sind entsprechend herausfordernde weitere Verantwortungen des Facility Managements. Aus diesem Verständnis ergeben sich folgende Grundsätze:

 

1. Facility Management ist eine Grundfunktion in jeder Organisation.

2. Facility Management findet auf jeder Ebene der Organisation statt und ist daher eingebunden in die strategische Entscheidungsfindung der Organisation.

3. Gebäude und Anlagen brauchen Facility Management, aber Facility Management braucht nicht immer Gebäude und Anlagen.

4. Facility Management kann nicht durch Dritte erbracht werden.

5. Facility Management stellt den schonenden Umgang mit Ressourcen sicher und verantwortet die Zukunftsfähigkeit der Organisation im Wettbewerb um die Ressourcen.

 

Streng unterscheiden muss man dieses Verständnis von Facility Management von der Bedeutung des FM in der Immobilienwirtschaft. Diese, im volkswirtschaftlichen Zusammenhang betrachtet, kleine und mit 5 bis 10 Prozent des Immobilienvermögens sogar unbedeutende Gruppe hat in der Vergangenheit die Leistungen für den Eigentümer (Investor) fälschlicherweise mit dem Begriff Facility Management gleichgesetzt. Aus heutiger Sicht und Definition sind dies Facility Services.

 

Die weiteren Normen: Teil 3 bis 6

In seiner Sitzung im Jahr 2006 in München beschloss das Normungskomitee, weitere Grundlagen für das Facility Management zu schaffen und zentrale Fragen des FM zu vertiefen: Was ist Qualität im FM, welche Gliederungen hat FM, welche Prozesse existieren im FM und wie werden Flächen im FM bestimmt? Zur Klärung der Fragen wurden entsprechende Arbeitsgruppen gegründet, die sich ab 2007 mit der Ausarbeitung weiterer Normenteile befassten. Im Folgenden sollen diese Normen kurz beleuchtet werden:

Abb. 1: Nach der Grundlagennorm 15221-1 umfasst Facility Management alle Prozesse zur Unterstützung der Primärprozesse einer Organisation auf der strategischen, taktischen und operativen Ebene.

 

DIN EN 15221-3 „Qualität“

Die zentrale Frage dieses Teils lautet: Wie können die Erwartungen der Nutzer so spezifiziert werden, dass die geleisteten Services, welche in entsprechenden Service Levels definiert sind, genau diese Erwartungen erfüllen? Der Facility Manager leitet aus den meist nicht genau beschriebenen Erwartungen Anforderungen ab, die er dann in Form von Leistungs- und Ergebnisbeschreibungen definiert, mit den Leistungserstellern kommuniziert und das erreichte Ergebnis bewertet. Oft stellt sich bei der Fertigstellung der Leistungen eine Lücke zwischen dem subjektiven Erleben der Leistungserfüllung durch den Nutzer und dem subjektiven Fertigstellungsniveau des Leistungserstellers heraus (siehe Abb. 2).

Abb. 2: Oft stellt sich bei der Fertigstellung der Leistungen eine Lücke zwischen dem subjektiven Erleben der Leistungserfüllung durch den Nutzer und dem subjektiven Fertigstellungsniveau des Leistungserstellers heraus.

 

Darüber hinaus zeigt der Teil 3 der Normenreihe Methoden zur Messung von Leistungsergebnissen. Dazu werden die Messkriterien in zwei Gruppen unterteilt: harte, messbare Merkmale und weiche, erlebbare Merkmale. Entsprechend den Erfordernissen können diese Merkmale den Erfüllungsgrad der Anforderungen wiedergeben, entsprechend dem vereinbarten Service Level (siehe Abb. 3). Aus der Anordnung der Leistungskenn zahlen im Facility Management zeigt die Norm auch auf, dass die KPIs, also die Schlüsselleistungsindikatoren, nur auf strategischer Ebene der FM-Organisation angeordnet werden können und sich auf die entsprechenden Ergebnisse der FM-Kennzahlen aufbauen (siehe Abb. 4). Ergebnis: Mit der DIN EN 15221-3 werden die notwendigen Grundlagen für ein einheitliches Qualitätsverständnis im FM geschaffen. Die Anwender der Norm können sich auf dieses Verständnis bei der Spezifizierung ihres Leistungsanspruches berufen. Zugleich bietet die Norm ein eindeutiges Verständnis von KPIs im FM.

Abb. 3: Zur Messung der Leistungsergebnisse werden die Messkriterien in zwei Gruppen unterteilt: harte, messbare Merkmale und weiche, erlebbare Merkmale. Entsprechend den Erfordernissen können diese Merkmale den Erfüllungsgrad der Anforderungen wiedergeben, entsprechend dem vereinbarten Service Level.

 

DIN EN 15221-4 „Klassifizierungssystem“

Wie in jedem Bereich einer Organisation soll auch im Facility Management Klarheit über Ausstattungen (Facilities), Kosten und Leistungen herrschen. Diese Aufgabe hat die Arbeitsgruppe 4 übernommen und definiert, auf welcher Ebene welche Facilities und Leistungen (Facility-Produkte) mit welchem Kostenschlüssel wiedergefunden werden können. Dieser Normungsteil stellt somit die Grundlage für ein einheitliches Verständnis von Kosten und Leistungen auf. In der Norm findet sich ein umfangreicher Katalog an Leistungen.

Abb. 4: Aus der Anordnung der Leistungskennzahlen im Facility Management zeigt die Norm auch auf, dass die KPIs, also die Schlüsselleistungsindikatoren, nur auf strategischer Ebene der FM-Organisation angeordnet werden können und sich auf die entsprechenden Ergebnisse der FM-Kennzahlen aufbauen.

Abb. 5: Während der Ausführung ist der Prozess zu bewerten und nach beendeter Ausführung zu prüfen und das Ergebnis ist zu dokumentieren.

Mit dem Normungsteil 4 kann der Anwender in seiner Organisation Facilities, Leistungen und Kosten eindeutig zuordnen. Das Studium der Norm wird jedoch eher dem geneigten Doktoranden überlassen werden als dem Facility Manager.

 

DIN EN 15221-5 „Prozesse“

Mit dem Anspruch, dass das Facility Management die Primärprozesse unterstützt, kommt dem Teil 5 der Normenreihe eine besondere Bedeutung zu. Neben den Prinzipien der Prozesse, die ein gleiches Prozessverständnis bewirken sollen, sind eine Reihe von Prozessen in der Norm zu finden, entsprechend ihrer Anordnung auf operativer, taktischer und strategischer Ebene im Facility Management. Mit diesem Teil wird zum ersten Mal die Verantwortung des Facility Managements auf der strategischen Ebene detailliert und anschaulich beschrieben. Über die Verbindung der Prozesse zueinander, als Inputs oder über sogenannte Trigger, wird erläutert, wie die ständigen Änderungen in den Primärprozessen mit den entsprechenden FMProzessen umgesetzt werden können. Jeder Prozess muss geplant und vorbereitet werden, bevor er ausgeführt werden kann; während der Ausführung ist der Prozess zu bewerten und nach beendeter Ausführung zu prüfen und das Ergebnis ist zu dokumentieren. Wichtig ist im Zusammenhang mit der Qualität, dass ein Prozessergebnis erst am Ende der Ausführung gemessen werden darf (siehe Abb. 5). Die in der Norm aufgeführten Prozessbeispiele sollen die Verbindung der Prozesse auf den drei Ebenen und den Anforderungen der Primärprozesse eindeutig klarstellen. Dem Anwender werden die Anforderungen an das Prozessmodell in Verbindung mit den Primärprozessen vermittelt, er erhält einige FM-Prozesse (siehe Abb. 6) und eine Anleitung, wie das FMProzessmodell in der eigenen Organisation umgesetzt werden kann.

Abb. 6: Dem Anwender der Norm werden die Anforderungen an das Prozessmodell in Verbindung mit den Primärprozessen vermittelt, er erhält einige FM-Prozesse (siehe Grafik) und eine Anleitung, wie das FM-Prozessmodell in der eigenen Organisation umgesetzt werden kann.

 

DIN EN 15221-6 „Flächenmessung“

Die europäische Fassung zur Bestimmung von Flächen im Facility Management setzt auf den Erfahrungen der deutschen DIN 277 auf. Die meisten Vorgaben der DIN konnten auf europäischer Ebene umgesetzt werden. Der deutsche Anwender muss sich daher nicht groß umstellen, wenn er die DIN 277 bereits kennt und den Teil 6 der Normenreihe 15221 in den Händen hält.

 

Ausblick

Mit dem Erscheinen der vier neuen Normen ist die Normenreihe noch nicht komplett. Eine weitere Norm zum Thema „Benchmarking im FM“ wird bis Ende 2012 erscheinen. In 2012 wird das Normungsvorhaben mit der Gründung eines technischen Komitees auf ISO-Ebene weitergeführt. Auf deutscher Ebene wird es eine Überarbeitung der bestehenden DIN 32736 mit folgerichtiger Bezeichnung „Facility Services“ geben, welche die alte 32736 „Gebäudemanagement Begriffe und Leistungen“ ersetzen wird. Der Entwurf soll bis Ende 2012 fertiggestellt sein. Mit dieser Normenreihe soll das Verständnis über den Inhalt und die Verantwortung des Facility Managements in die Führungsetagen der Konzerne, der öffentlichen Hand, der Immobilienwirtschaft und des Mittelstands vereinheitlicht werden. Das mag dauern, ist aber nicht mehr aufzuhalten. Im Zuge des dann besseren Verständnisses werden sich weiterhin Firmen umbenennen, um leichter als Anbieter von Facility Services erkannt zu werden. CAFM-Systeme werden sich nach den Prozessen auch auf der strategischen und taktischen Ebene ausrichten und Menschen werden sich leichter über ihre berufliche Entwicklung ein Bild machen können.

 

Paul Stadlöder

 

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