FMC Facility Management Consulting GmbH

FM-Norm mit großer Flughöhe

Was in der ISO 41001 Facility Management – Managementsysteme steht, wie sie mit der DIN EN 15221 Facility Management in Bezug steht und welche Chancen, aber auch Widersprüche sie birgt, untersucht unser Redaktionsbeirat Paul Stadlöder.

 

Vor Kurzem ist die ISO 41001 Facility Management – Managementsysteme erschienen. Diese Norm beabsichtigt, als Managementsystem- Norm für Facility Management die Erkennungsmerkmale für wirksames Facility Management aufzuzeigen und bestehende Facility-Management-Organisationen entsprechend diesen Eigenschaften zertifizierbar zu machen. Damit steht die ISO 41001 auf gleicher Ebene wie die bestens bekannte ISO 9001 Qualitätsmanagement oder die ISO 14001 Umweltmanagement.

 

Entstehung der Norm

Bereits vor einigen Jahren startete die verantwortliche Arbeitsgruppe TC 267 „Facilities Management“ einen Aufruf unter den nationalen Normungsinstituten, ob eine Managementsystem-Norm erstellt werden soll. Die Führung sollte unter der Fahne des englischen BSI laufen, die USA und Australien haben das Vorhaben stark unterstützt. Aus den europäischen Normungsinstituten kamen verhaltene Reaktionen, da sich die Europäer noch nicht in der Lage sahen, genügend Experten und Fachwissen für ein so ambitioniertes Vorhaben zu stellen. Schließlich wurde das Projekt gestartet und die Amerikaner haben sehr schnell die inhaltliche Führung übernommen, was man der Norm heute auch deutlich anmerkt. Nach zahllosen Sitzungen und vielen Telefonkonferenzen wurde die ISO 41001 schließlich fertiggestellt, nicht ohne kontroverse und durchaus hitzige Diskussionen.

 

Inhalte und Nutzen

Schaut man sich die Inhalte der Norm an, so ist es erfreulich zu erkennen, dass im Wesentlichen nichts Falsches in der Norm steht. Alle Merkmale, die im Facility- Management-System aufgeführt sind, sind relevant und machen Sinn. Folgende Hauptelemente des Managementsystems sind in der Norm aufgeführt:

• Kontext der Organisation

• Führung

• Planung

• Unterstützung

• Betrieb

• Bewertung der Leistung

• Verbesserung

Jedes Element wird erläutert und beschrieben. Als informativen Anhang gibt es in der Norm einen Leitfaden, der sich mit Details der oben genannten Hauptelemente befasst und dem Anwender ein besseres Verständnis vermitteln soll. Der Nutzen der ISO 41001 liegt also darin, dass Organisationen ihr Facility Management mit diesen Hauptelementen zu einem funktionierenden System entwickeln und es als normkonform deklarieren können. Unabhängige Zertifizierungsstellen können dies dann bestätigen und per Zertifikat ausweisen. Ähnlich der ISO 9001 ist es erkennbar, welchen Kriterien und Elementen diese FM-Organisation folgt. Dagegen kann wenig eingewendet werden. Es setzt jedoch voraus, dass ein Interesse vorhanden ist, diese Deklaration auch tatsächlich haben zu wollen. Darin liegt auch schon ein kleiner Haken: Während es bei der ISO 9001 das Interesse der Besteller gab, dass die Lieferanten ein Qualitätsmanagement eingeführt haben (um ein gleichmäßiges und hohes Niveau an Produktqualität zu erhalten), ist im Facility Management nicht ganz so eindeutig, wo die Stakeholder für diese Zertifizierung sind.

Die einzelnen Elemente der ISO 41001 Facility Management – Managementsysteme sollen nun kurz dargestellt werden:

Kontext der Organisation: Dieses Element des Managementsystems sichert das Verständnis ab, in welchem Rahmen und vor welchem Hintergrund das Facility Management seine Ergebnisse erreichen soll. Leider geht die ISO 41001 nicht auf die Elemente ein, welche als Folge dienen, um den Kontext der Organisation zu beschreiben. Sie bleibt im allgemeinen Verständnis der Erwartungen der „Interessierten Parteien“ und blickt dann wiederum sehr intrinsisch nur noch nach sich selbst, indem sie den Umfang des eigenen Systems einfordert sowie die Beschreibung des FM-Systems selbst.

Führung: Mit der Führung will die Norm als Element einfordern, dass es eine Beschreibung der Führungsleitlinien, der Politik, der Verantwortlichkeiten, Rollen und Institutionen gibt. Das ist formal nicht falsch, bedingt jedoch, dass das FM-System eine klare und eindeutige Unterscheidung über die Funktionen hat. Dies wird dem Anwender überlassen. Auch hier wäre eine Anwendung der Ebenen aus der DIN EN 15221 nützlich gewesen. Alleine die Unterscheidung der strategischen, taktischen und operativen Ebene hilft dem Verständnis über die FMOrganisation und deren Abbildung.

Planung: Auch dieses Erkennungsmerkmal ist sicherlich relevant und nützlich, in einem FM-System abgebildet zu sein. Leider geht die ISO 41001 nur bis zu den Risiken und Chancen und fordert die Nennung von Zielen und wie diese erreicht werden sollen. Sie gibt jedoch keine Anhaltspunkte dafür, wie die Planung mit den Zielen der Organisation übereinstimmen und ausgerichtet werden soll. Diese Hinweise sind in der DIN EN 15221 sehr viel anschaulicher und direkter wiedergegeben.

 

Die ISO-41001-Zertifizierung bescheinigt lediglich das Vorhandensein der geforderten Erkennungsmerkmale zur Qualitätskontrolle. Ob die Ergebnisse des zertifizierten Verfahrens Nutzen erzeugen, ist davon unberührt.

 

Unterstützung: Mit der Unterstützung meint die ISO 41001 Elemente wie Ressourcen, Kompetenzen, Bewusstsein, Kommunikation, Dokumentation, Informationen, Wissen über das System. Diese Elemente dienen der Unterstützung zur Anwendung des FMSystems und sind sicherlich relevant, für jede Art von System. Doch wie diese Elemente zu bestimmen sind, wie sie sich ausprägen, welche Einflussfaktoren auf diese Elemente einwirken und welche Relevanz diese Elemente bei der Zielerreichung haben – es steht dem Anwender offen, all dies selbst herauszuarbeiten.

Betrieb: Das Erkennungsmerkmal Betrieb setzt sich aus den Elementen betriebliche Planung und Steuerung, Koordination mit den interessierten Parteien sowie Integration der Serviceerbringung zusammen. Ein wirksames und vollständiges Prozessmodell, wie es die DIN-EN-15221-Reihe enthält, eine logische Verknüpfung der Inputs, Aktivitäten und Ergebnisse ist leider nicht in der Systemnorm aufgeführt.

Bewertung der Leistung: Dieses Element macht vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit und des Ressourceneinsatzes sicherlich sehr viel Sinn. Leider bezieht sich die ISO 41001 ausschließlich auf bekannte Elemente der Qualitätssicherung, wie Leistungsbewertung, Audit, Management- Reviews. Auch hier gibt die DIN EN 15221 ein besseres Verständnis davon wieder, welche Qualitätskriterien für ein FM wesentlich sind.

Verbesserung: Mit dem Erkennungsmerkmal Verbesserung verbindet die FM-Norm Untermerkmale wie das Feststellen von Abweichungen und Maßnahmen zur Korrektur sowie das kontinuierliche Verbessern und vorbeugende Maßnahmen. Weitergehende Merkmale werden nicht beschrieben, man begnügt sich mit der hohen Flugebene.

Als Folge würde jede FM-Organisation, die diese Erkennungsmerkmale nachweisen kann, als tauglich und konform zur ISO 41001 arbeitend zertifiziert werden. Und dies auch, wenn die Ergebnisse, welche durch dieses System erwirkt werden, keinen Nutzen erzeugen – ähnlich der Qualitätszertifizierung nach ISO 9001 für betonierte Schwimmwesten. Es bleibt also dem Anwender überlassen, wie er diese Erkennungsmerkmale sinnstiftend zusammenführt und zu einem wirkungsvollen und effizienten Ganzen zusammenfügt.

 

Problemstellen und Lücken

Das Verständnis der Experten aus den USA, Australien und UK ist im Dokument sehr klar zu erkennen: Es geht um die Regelung der Zusammenarbeit mit den Dienstleistern.

Das ist per se nicht falsch, aber nach dem Verständnis in den europäischen Normen der CEN TC 15221 nur der operative und teilweise der taktische Teil des Facility Managements. Erkennbar ist dieses operative Verständnis von FM an den Begriffen, die verwendet werden: Nachfrageorganisation, Betrieb, interessierte Parteien, Bewertung der Leistung, Tätigkeiten usw. Daher lassen sich ein paar Problemstellen feststellen, die in der Anwendung der Norm durch den Nutzer selbst zu lösen sind:

Es fehlt ein klares Verständnis über den Kontext und den Verantwortungsbereich des FM: Die DIN EN 15221 hat als Grundlage für das Verständnis ein FM-Modell geschaffen, das die Einbettung des Facility Managements in jede Organisation, ob öffentliche Hand, Wirtschaft oder sogar private Haushalte, erlaubt. Jede Organisation braucht Facility Management auf der strategischen, taktischen und operativen Ebene. Operativ werden die Aktivitäten mit Facility Services bezeichnet. Dieser Kontext fehlt auf ISO-Ebene, denn die beiden anderen Normen (ISO 41011 und ISO 41012) verweigern sich einer klaren Definition des Verantwortungsbereiches.

Es fehlen eindeutige Verantwortungsbereiche innerhalb des Facility Managements: Das Hauptmerkmal „Kompetenz“ in der ISO 41001 ist ohne konkrete Ausprägung von Funktionen freischwebend und damit zu ungenau, als dass daraus Kompetenzprofile abgeleitet werden könnten. Die Real FM hat im Leitfaden „Funktions- und Leistungsmodell“ schon mehrere Funktionen identifiziert, die in der operativen und taktischen Ebene des FM zusammenwirken: den Dienstleistungssteuerer, den Objektmanager und den Facility Services Manager. Alle drei werden benötigt, um effizient und effektiv Dienstleistungen zu spezifizieren, zu beauftragen, zu planen, vorzubereiten, auszuführen, zu kontrollieren, zu dokumentieren, abzunehmen, zu verwalten und zu verbessern. Jede Funktion hat die dafür notwendigen Aufgaben und benötigt die entsprechenden Kompetenzen.

Die Ausrichtung des Facility Managements ist nicht konform zum europäischen Verständnis: Nach dem Verständnis der europäischen Normen unterstützt Facility Management die Kerngeschäftsprozesse und ermöglicht so der Organisation, in die es eingebettet ist, einen wettbewerbsfähigen und flexiblen Einsatz sowie eine hohe Auslastung der Ressourcen an Flächen, Ausstattungen, Medien, Services und Energien. In der ISO 41001 wird dem Anwender suggeriert, dass eine gute Beziehung zum Dienstleister mit den entsprechenden Merkmalen schon ausreichend erscheint, um ein effizientes Facility Management auszuweisen. Das erscheint zu kurz gesprungen. Vielmehr werden klare Funktions- und Aufgabenbeschreibungen benötigt und ein einheitliches Verständnis über das Zusammenwirken dieser Funktionen, um ein vereinbartes Ergebnis auf Dauer zu erreichen.

Die allgemeinen Formulierungen und Verweis im Dokument sind nicht anwenderfreundlich: Grundsätzlich sind lange Spiegelstrichlisten nicht einfach zu verstehen und zu verinnerlichen. Darüber hinaus zeigt die Norm viele Verweise auf die jeweiligen anderen Kapitel – oft fühlt man sich an eine Fehlermeldung einer Tabellenkalkulation erinnert: „Excel kann diesen Zirkelbezug nicht auflösen.“ Hat sich nun die ganze Arbeit gelohnt? Teilweise. Es gibt positive und negative Aspekte:

Positiv zu bewerten: Die Norm erzeugt sicherlich Aufmerksamkeit und gibt gegebenenfalls dem einen oder anderen Vorstand oder Geschäftsführer einen Hinweis, dass da noch was ist, was der professionellen Organisation bedarf. Die Merkmale einer soliden FM-Organisation aufzuzeigen, vor dem Hintergrund einer systemischen Betrachtung, ist sicherlich gut. Die relevanten Merkmale einer FM-Organisation sind aufgeführt, andere Merkmale (Funktionsbilder, IT-Einsatz usw.) fehlen noch. Es wird der Überarbeitung und Aktualisierung der Norm zukommen, diese Merkmale zu ergänzen.

Negativ zu bewerten: Es fehlt eine Verankerung in einem klaren Verständnis von Facility Management. Die unterstützenden Normen 41011 und 41012 sind hier nicht geeignet. Außerdem hat die Norm eine zu hohe Flughöhe ohne wirklichen Anwendungs- und Umsetzungsinhalt, selbst im Teil des Leitfadens begnügt man sich mit allgemein gültigen Postulaten. Damit wird es dem Anwender überlassen, ein entsprechendes Verständnis aufzubauen und mit den Merkmalen umzusetzen. Der größte negative Aspekt liegt jedoch in der inhaltlichen Fokussierung auf Services. Und zwar viel zu viel Services! Dass es im Facility Management auch einen Beitrag zur Strategie der Organisation braucht, dass diese strategischen Mitwirkungspflichten sehr relevant sind, vor dem Hintergrund ständiger Veränderungen und permanenter Lösungsfindung, sollte nachvollziehbar sein.

Hier wurde eine Chance verpasst, dem FM den Stellenwert zu geben, den es verdient.

 

 

Paul Stadlöder

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